Liebe Musik- und Orgelfreunde,
nach langer Zeit erscheint hier kurz vor Ostern ein neues Editorial als österlichen Erfahrungsimpuls, in dem ich Sie und euch herzlich grüße! Schauen wir kurz zurück auf das was war, um dann einen Ausblick ins österliche JETZT zu wagen:
Im letzten Jahr, nach dem fulminanten Schlusspunkt der „Anzinger Orgelkonzerte“ mit der Caecilienmesse von Gounod und der Moldau von Smetana musste ich dem nicht aufschiebbaren Ruf meiner Bandscheiben gehorchen, so dass der klinische Gesundheitsaufenthalt mit anschließender Reha bis in den Herbst dauerte.
Dankbar und voll genesen kam ich in den Pfarrverband zurück, fand die Anzinger Wallfahrtskirche eingerüstet, die Orgeln fachmännisch abgedeckt und in den „Restaurierungsschlaf“ eingehüllt und musste mich musikalisch erst einmal an die Beschränkung in der Nutzung des E-Pianos im Pfarrsaal gewöhnen, das mir seitdem zum Begleiten der Gemeinde zur Verfügung steht.
Wir haben uns im Gemeindegeschehen neu orientiert und an den Pfarrsaal als Gottesdienstraum gewöhnt. Und so feiern wir nun die Kar- und Osterfeiertage dort, in einer Gemeinschaft, die sich entwickelt hat weil diese intensiver spürbar geworden ist, Gemeinschaft, die eine Pfarrgemeinde ausmacht und Glaubenspraxis mit Inhalt näher erleben lässt.
Egal ob schon in der Sakristei oder im Saal: Der unmittelbare persönliche Kontakt vor und nach dem Musizieren ist das große Plus dieser eingeschränkten Situation. So ist das „Wie“ im Umgang mit der eigenen Situation immer entscheidend. Oder anders ausgedrückt:
Das Kreuz als großes Plus! Für mich persönlich ist es z. B. ein großes Kreuz, Kirchenraum und Orgeln künstlerisch zum einfühlsamen Gestalten der Liturgie sowie konzertant schmerzlich vermissen zu müssen, so schwerwiegend spürbar vermutlich, wie ein paar Duzend Fastenzeiten zugleich!
Und da ist aber auf der anderen Seite das +, das zum großen Plus der persönlichen Begegnung wird mit Menschen in meiner Gemeinde, mit denen ich aufgrund der Nähe im Saal die Situation teile, ins Gespräch komme – wir sind gemeinsam da. In der Kirche wären diese Menschen während der Gottesdienste zwar da, in den Bänken und ich aber oben am Instrument unter dem Gewölbe auf der zweiten Empore. Bis ich unten nach dem Ende der Messe ankäme, wären viele, denen ich im Saal nun begegnen darf, längst nach Hause gegangen. Man wüsste nichts voneinander, hätte nicht miteinander gesprochen und nur wenige, persönliche Gemeinsamkeiten entdeckt! Da ist das große Plus einer singenden und musizierenden Gemeinschaft, die enger zusammenrückt, anders erlebt- und schlichter begleitet wird aber immer noch da ist – persönlich wie klanglich, sich zusammenfindet im Musizieren, vernehmbar in Klängen der Sehnsucht, nach Kräften und mit maximalem persönlichen Einsatz. Und das ist etwas, was mich zutiefst dankbar macht und mich Ruhe und Freude daran als Geschenk des Miteinander erleben lässt!
Das Provisorium des Gemeindesaals als Gottesdienstraum und Chance:
Das klingt nach Aufbruch, das klingt auch nach Gemeinschaft, die auf dem Weg ist und diese Chance, die daraus erwächst, ist kein Provisorium, kein Notbehelf – es ist das einzigartige, gemeinsam eng miteinander verbundene Erleben, dessen, was wir im Gottesdienst feiern und tun – der Kern unseres Glaubens.
Das Gedächtnis an die letzten Stunden Jesu vom Abendmahl bis zum Tod am Kreuz – das Gedächtnis und feiern, dass wir erlöst sind, ist genauso wenig Provisorium wie unsere Erlösung selbst, die Gott Vater quittiert, indem er den Stein zu Jesu Auferstehung buchstäblich „ins Rollen bringt“ und Ihn auferweckt, damit er uns begegnet! Wir, die wir erlöst und auf dem Weg Gerufene und Berufene sind, sind unterwegs, um Christus immer wieder neu zu begegnen. WIR begleiten Ihn in den Kartagen auf seinem Leidensweg und ER begleitet uns als Auferstandener. Wir sind unterwegs als Jünger und Freunde, die nach Emmaus gehen, um ihm zu begegnen – und dies auch, wenn wir zu sehr mit unseren Sorgen, Nöten und Dingen, die in unserem Kopf kreisen beschäftigt sind.
In diese Gemeinschaft tritt an Ostern Jesus als das Licht, das die dunkle Nacht erhellt, wie es auch in einem Lied heißt. In diesem Licht der Erlösung und der Auferstehung erkennen wir Ihn und wir laufen heimwärts voll Freude und reißen Fenster und Türen auf, atmen neue Luft und die Osterfreude jubelt im Halleluja als Aufwind, der Neues verheißt und der aus der Begegnung mit dem Auferstandenen herrührt!
So ähnlich sieht es derzeit nicht nur auf den unzähligen Lebensbaustellen in unseren Familien aus, die sehnlichst auf Ostern, warten. Ostern feiern als erlöster Mensch, der Teil einer erlösungsbedürftigen Gesellschaft ist – damals wie heute! Dass dies immer noch so ist, und sich seit damals nicht geändert hat in der Beziehung zwischen Gott und den Menschen ist doch ein Grund Mut zu haben und ein Grund zu Hoffnung und Zuversicht! Es gibt auch beispielsweise ganz sichtbar Hoffnung in unserer Pfarrgemeinde, die Anlass zur Freude und zum Neubeginn ist, wenn wir vom Saal aus das Gegenüber, die Baustelle der Pfarr- und Wallfahrtskirche Anzing betrachten: Die Kirchenverwaltung arbeitet eng verzahnt, koordiniert und dokumentiert, damit etwas vom Baufortschritt erlebbar wird:
Der Dachstuhl wird Balken für Balken ergänzt und ausgebessert, die alten Fenster erhalten neue Lüftungselemente, die dann mit der Steuerung verbunden werden können, um durch Raumluftabsaugung und Frischluftzufuhr ein neues, gesundes Raumklima (gut durchzirkuliert und temperiert) zu schaffen. Innen ist die neue Heizung am Werden, die über die Bankpodien die Wärme an die Kirchenbesucher bringen soll. Der Turm hat nun teilweise sein Gerüst bekommen, die Restauration der Gnadenmadonna kommt voran (siehe Pfarrbrief „Gemeinsam Unterwegs“). Auch hier macht sich also eine Aufbruchstimmung breit, die dankbar fähig ist zu begeistern, weil der Weg in einem guten Prozess der Arbeiten vorgegeben ist aber nun auch erkennbar wird, wo es diesbezüglich hingeht.
Die Sehnsucht bei uns allen ist spürbar groß, bald wieder in unserer Pfarr- und Wallfahrtskirche, in diesem wunderbaren „irdischen Vorzimmer des Paradises“ Gottesdienst feiern zu können. Ostern liefert uns jedoch dazu den inneren Aufbruch als Chance weiter dranzubleiben und verbunden miteinander Gemeindeleben und Gotteslob nicht nur einfach so am Laufen zu halten!
Hoffen wir, dass es die Gemeinschaft ist, die uns im Glauben von Ostern her begeistert und weiterträgt bis wir als gewachsene Pfarrgemeinde wieder vor dem Patrozinium am 8. September in unsere Kirche zurückkehren können – an den Ort, wo die Kraft des Gebetes von über 300 Jahren für viele heute immer noch und immer wieder neu spürbar ist!
Unter dem Vorzeichen des + als großen Plus und der Erfahrung in der persönlichen Bereicherung, die aus der Einschränkung erwächst wünsche ich Ihnen und euch allen gesegnete Feiertage sowie frohe und persönlich intensiv erfahrbare Ostern!
Mit besten Grüßen und voll der Hoffnung, dass wir alle harmonisch und musikalisch verbunden bleiben –
Ihr und Euer
Korbinian Maier